News aus der Kanzlei
BVerfG: Rückwirkende Einführung einer körperschaftsteuerrechtlichen Regelung betreffend vororganschaftliche Mehrabführungen teilweise nichtig
Das BVerfG hat mit Beschluss vom 14. Dezember 2022 (2 BvL 7/13, 2 BvL 18/14) entschieden, dass § 34 Abs. 9 Nr. 4 in Verbindung mit § 14 Abs. 3 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (Richtlinien-Umsetzungsgesetz – EURLUmsG) vom 9. Dezember 2004 (in der Fassung des EURLUmsG) teilweise nichtig ist.
BFH: Sozialversicherungsrente und Art. 19 Abs. 4 DBA-Italien 1989
Nach Art. 19 Abs. 4 DBA-Italien 1989 können Ruhegehälter und alle anderen wiederkehrenden oder einmaligen Bezüge, die auf Grund der Sozialversicherungsgesetzgebung eines Vertragsstaates von diesem Staat, einem seiner Länder, einer ihrer Gebietskörperschaften oder einer ihrer juristischen Personen des öffentlichen Rechts gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden, wenn der Empfänger Staatsangehöriger dieses Staates ist, ohne Staatsangehöriger des anderen Vertragsstaates zu sein. Eine darauf beruhende Zuordnung des Besteuerungsrechts für die Leibrentenzahlungen der DRVB (Sozialversicherungsrente) an einen in Italien ansässigen deutschen Staatsangehörigen an den „Kassenstaat“ Deutschland ist (insoweit abweichend zum Senatsbeschluss vom 25.07.2011 – I B 37/11, BFH/NV 2011, 1879) nicht rechtsfehlerhaft.
BFH zur Geschäftsführerhaftung: Überwachungsverschulden, eigenes Unvermögen
Der Geschäftsführer einer GmbH kann sich gegenüber der Haftungsinanspruchnahme nicht darauf berufen, dass er aufgrund seiner persönlichen Fähigkeiten nicht in der Lage gewesen sei, den Aufgaben eines Geschäftsführers nachzukommen. Wer den Anforderungen an einen gewissenhaften Geschäftsführer nicht entsprechen kann, muss von der Übernahme der Geschäftsführung absehen bzw. das Amt niederlegen.
BFH: Bewertung eines GmbH-Anteils mit stark disquotal ausgestalteten Rechten; Vertrauensschutz hinsichtlich der Bewertung von Sachzuwendungen
1. Bleiben die Gewinnbezugs- und Stimmrechte, mit denen ein Anteil an einer Kapitalgesellschaft ausgestattet ist, erheblich hinter dem Anteil am Nominalkapital zurück, ist dies bei der Ermittlung des gemeinen Werts des Anteils regelmäßig wertmindernd zu berücksichtigen, sofern die Liquidation der Gesellschaft nicht konkret absehbar ist.
BFH: Bildung einer Pensionsrückstellung nach § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG bei Pensionszusage unter Vorbehalt
Enthält eine Pensionszusage einen Vorbehalt, demzufolge die Pensionsanwartschaft oder Pensionsleistung gemindert oder entzogen werden kann, ist die Bildung einer Pensionsrückstellung steuerrechtlich nur zulässig, wenn der Vorbehalt positiv –d.h. ausdrücklich– einen nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannten, eng begrenzten Tatbestand normiert, der nur ausnahmsweise eine Minderung oder einen Entzug der Pensionsanwartschaft oder Pensionsleistung gestattet.
BMF: Anwendung von BMF-Schreiben und gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder
Die Finanzverwaltung hat mit zwei BMF-Schreiben vom 10. März 2023 (IV A 2 – O 2000/22/10003 :001) zur Anwendung von BMF-Schreiben und gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder, die bis zum 9. März 2023 ergangen sind, Stellung genommen.
Gemeinsamen Positivliste der BMF-Schreiben und gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden
der Länder
Gemeinsame Liste der im BMF-Schreiben vom 11. März 2022 (BStBl I S. 366) und in den gleich
lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 11. März 2022 (BStBl I S. 367)
aufgeführten und nicht mehr in der aktuellen Positivliste enthaltenen BMF-Schreiben und gleich
lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder
BMF: Spenden für technische Hilfe zur Reparatur kriegsbeschädigter Infrastruktur in der Ukraine
Die Finanzverwaltung hat das BMF-Schreiben vom 17. März 2022, BStBl I Seite 330, zu steuerlichen Maßnahmen zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten mit BMF-Schreiben vom 13. März 2023 (III C 2 – S 7500/22/10005 :005) ergänzt.
BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit der pauschalen ausschüttungsunabhängigen Nachbelastung von während des körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungsverfahrens nicht mit Körperschaftsteuer belasteten Eigenkapitalbestandteilen
1. Die Ausnahmeregelung des § 34 Abs. 16 KStG (i.d.F. des JStG 2008), nach der nur bestimmte Wohnungsunternehmen sowie steuerbefreite Körperschaften statt der ausschüttungsunabhängigen Körperschaftsteuererhöhung gemäß § 38 Abs. 5 und 6 KStG (i.d.F. des JStG 2008) die Weiteranwendung des bisher geltenden Rechts und damit eine ausschüttungsabhängige Körperschaftsteuererhöhung beantragen können, stellt eine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) dar.
BFH: Kindergeldanspruch für ein volljähriges behindertes Kind; Pflegegeld; Unterhaltsanspruch gegenüber dem Ehegatten des behinderten Kindes
1. Das für ein behindertes Kind gezahlte Pflegegeld ist bei den dem Kind zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln als Bezug zu berücksichtigen.
BFH: Erste Tätigkeitsstätte eines Zeitsoldaten
NV: Ein Zeitsoldat kann an dem Bundeswehrstandort, dem er dauerhaft zugeordnet ist, eine erste Tätigkeitsstätte begründen. Der Umstand, dass ein Soldat (auf Zeit) unter Beachtung der dienstrechtlichen Vorschriften (jederzeit) auch einem anderen Bundeswehrstandort zugeordnet werden kann, steht einer dauerhaften Zuordnung nicht entgegen.
BFH: Wirtschaftliches Eigentum an einem GmbH-Anteil bei einem Unter-Unterbeteiligungsverhältnis
1. NV: Dem wirtschaftlichen Inhaber eines GmbH-Anteils steht die Veräußerungsgewinnbefreiung nach § 8b Abs. 2 KStG zu.
BFH: Besteuerung der Vermietung nicht ortsfester Wohncontainer an Arbeitnehmer
§ 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG begünstigt nicht nur die Vermietung von Grundstücken und mit diesen fest verbundenen Gebäuden, sondern allgemein die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen durch einen Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden und damit auch die Vermietung von Wohncontainern an Erntehelfer.
BFH: Aufhebung eines FG-Urteils gegen den falschen Beklagten
Ein nach einem gesetzlichen Beteiligtenwechsel gegen den falschen Beklagten ergangenes Urteil des FG ist auf die Revision des falschen Beklagten hin aufzuheben. Der Rechtsstreit ist in einem solchen Fall an das FG zurückzuverweisen, wenn der richtige Beklagte selbst nicht ebenfalls Revision eingelegt hat und der Prozessführung des falschen Beklagten im Revisionsverfahren auch nicht zugestimmt hat.
BFH: Keine Drittanfechtung bei Feststellungsbescheiden zum steuerlichen Einlagekonto
Der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft ist nicht befugt, den gegen die Kapitalgesellschaft ergangenen Bescheid über die gesonderte Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos anzufechten.
FG Köln: Steuerliche Privilegierung von "Millionärsfonds" zulässig
Das FG Köln hat mit Urteil vom 24. August 2022v(12 K 1540/19) entschieden, dass das Investmentsteuergesetz steuerliche Privilegierungen für luxemburgische Spezialfonds in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung auch dann ermöglicht, wenn der Anleger maßgeblich oder alleine faktisch Einfluss auf die Verwaltung des Investmentfonds nimmt.
BFH zur Entstehung und Berichtigung der Umsatzsteuer bei ratenweiser Vergütung einer ausgeführten Lieferung
NV: Die Steuer entsteht auch dann mit der Leistungsausführung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG), ohne dass es zu einer Steuerberichtigung (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 1 Satz 1 UStG) kommt, wenn der Unternehmer für die Errichtung einer Photovoltaikanlage mit dessen Betreiber vereinbart, dass das Entgelt hierfür nur insoweit geschuldet wird, als es durch Einnahmen aus der Stromeinspeisung beglichen werden kann.
BFH: Steuerentstehung und -berichtigung bei späterer Vereinnahmung des Entgelts
Die Steuer entsteht auch dann mit der Leistungsausführung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Sätze 1 und 2 UStG), ohne dass es zu einer Steuerberichtigung (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 1 Satz 1 UStG) kommt, wenn der Unternehmer für die Errichtung einer Photovoltaikanlage mit dessen Betreiber vereinbart, dass das Entgelt hierfür nur insoweit geschuldet wird, als es durch Einnahmen aus der Stromeinspeisung beglichen werden kann (Anschluss an das BFH-Urteil vom 01.02.2022 – V R 37/21 (V R 16/19), BFHE 275, 460).
BFH: Kein Zufluss von Bonuszinsen aus einem Bausparvertrag bei nur buchmäßigem Ausweis der Zinsen auf einem Bonuskonto
Bonuszinsen aus einem Bausparvertrag fließen dem Steuerpflichtigen nicht bereits mit dem jährlichen Ausweis der Zinsen auf einem von der Bausparkasse geführten Bonuskonto zu, wenn ein Anspruch auf die Bonuszinsen nur nach einem Verzicht auf das Bauspardarlehen entsteht, die Bonuszinsen erst bei Auszahlung des Bausparguthabens fällig werden und über sie nur in Verbindung mit dem Bausparguthaben verfügt werden kann.
BFH: Veräußerung eines Dividendenanspruchs zwischen beschränkt Steuerpflichtigen
1. Der Steuerentrichtungspflichtige ist befugt, gegen die auf seinen eigenen Anmeldungen beruhenden, unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Festsetzungen (§ 168 Satz 1 AO) der Kapitalertragsteuer zu klagen und diese auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüfen zu lassen (Anschluss an BFH-Beschluss vom 12.04.2022 – VIII R 35/19, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2022, 1024, Rz 16 ff., m.w.N.).
BFH: Steuerfreie Verwendung von Energieerzeugnissen für die Schifffahrt
1. NV: Die steuerfreie Verwendung von Energieerzeugnissen zum Betrieb eines Hopperbaggers i.S. der Pos. 8905 KN ist nicht nach § 55 EnergieStV i.V.m. Nr. 3, 3.1 der Anlage 1 zur EnergieStV allgemein erlaubt.
BFH: Steuerbarkeit von Gewinnen aus der Veräußerung von verschiedenen Kryptowährungen (Bitcoin, Ether, Monero)
1. Zu den (anderen) Wirtschaftsgütern, die Gegenstand eines privaten Veräußerungsgeschäfts i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sein können, gehören auch virtuelle Währungen in der Gestalt von Currency Token. Diese werden i.S. von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG angeschafft, wenn sie im Tausch gegen Euro, gegen eine Fremdwährung oder gegen andere virtuelle Währungen erworben werden; sie werden veräußert im Sinne der Vorschrift, wenn sie in Euro oder gegen eine Fremdwährung zurückgetauscht oder in andere Currency Token umgetauscht werden.
BFH: Beschränkte Erbschaftsteuerpflicht bei Erwerb durch Vermächtnis
Das Vermächtnis an einem inländischen Grundstück unterliegt nicht der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht.
BMF: Nullsteuersatz für Umsätze im Zusammenhang mit bestimmten Photovoltaikanlagen
Die Finanzverwaltung hat mit BMF-Schreiben vom 27. Februar 2023 (III C 2 – S 7220/22/10002 :010) zum Nullsteuersatz für Umsätze im Zusammenhang mit bestimmten Photovoltaikanlagen (§ 12 Absatz 3 UStG) Stellung genommen und den Umsatzsteuer-Anwndungserlass geändert.
BMF: Änderung des Abgabenordnung-Anwendungserlasses
Das BMF-Schreiben vom 23. Januar 2023 (IV A 3 – S 0062/22/10006 :001) enthält Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) zu §§ 4, 15, 18, 30, 31, 31a, 31b, 67, 67a, 73, 85, 93a, 109, 122, 129, 149, 150, 152, 169, 170, 172-177, 175, 176, 181, 182, 197, 233a, 235, 237, 238, 239, 240, 251 und 361.
BMF: Steuerliche Maßnahmen zur Unterstützung der Opfer des Erdbebens in der Türkei und in Syrien
Das Erdbeben in der türkisch-syrischen Grenzregion hat sehr großes menschliches Leid und massive Schäden an der Infrastruktur verursacht. Zur Unterstützung der Betroffenen in der Türkei und in Syrien hat die Finanzverwaltung mit BMF-Schreiben vom 27. Februar 2023 (IV C 4 – S 2223/19/10003 :019) Verwaltungserleichterungen zusammengefasst. Sie gelten für Maßnahmen, die vom 6. Februar 2023 bis zum 31. Dezember 2023 durchgeführt werden.
BMF: Automatischer Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen nach dem Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz
Die Finanzverwaltung hat mit BMF-Schreiben vom 23. Februar 2023 (IV B 6 – S 1315/19/10030 :051) eine vorläufige Staatenaustauschliste im Sinne des § 1 Absatz 1 FKAustG für den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen zum 30. September 2022 bekannt gemacht.
BGH: Fehlende qualifizierte elektronische Signatur der über EGVP übersandten Berufungsschrift
Die qualifizierte elektronische Signatur der als Anlage zur Berufungsschrift übersandten Abschrift des angefochtenen Urteils ersetzt nicht die qualifizierte elektronische Signatur der über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach übersandten Berufungsschrift.
BFH: Keine Anwendung der Fahrtenbuchmethode bei Schätzung des Treibstoffverbrauchs des überlassenen Kfz
Eine Schätzung von belegmäßig nicht nachgewiesenen Aufwendungen –hier: Treibstoffkosten– schließt die Anwendung der Fahrtenbuchmethode für die Bemessung des geldwerten Vorteils aus der Überlassung eines betrieblichen Kfz aus.
BFH: Übergang der Gewinnermittlung von der Einnahmen-Überschussrechnung zur Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen
1. Der Übergang der Gewinnermittlung von der Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zur Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG erfordert die Ermittlung eines Übergangsgewinns.
BFH: Grunderwerbsteuerbare Gegenleistung
NV: Die im Rahmen eines öffentlichen Wohnraumfördermodells vom Grundstücksverkäufer übernommene Verpflichtung, noch zu errichtende Wohnungen zu einem verbilligten Mietzins an Dritte zu überlassen, stellt keine grunderwerbsteuerbare Gegenleistung des Grundstückskäufers dar, wenn ihm im Rahmen des Gesamtkonzepts zugleich zinsgünstige Darlehen gewährt werden.